Wenn man chronisch krank ist, ist das ein Thema, dass man sich nicht mehr aus seinem Alltag weg denken kann. Man soll das Thema einen aber nicht beherrschen lassen. Schwieriges Unterfangen! Denn entweder dreht sich der Alltag automatisch darum, wann man welches Medikament zu nehmen hat, wann es einem schlecht geht, so dass man nicht mal in der Lage zu sein scheint, seinen Haushalt hin zu bekommen oder man landet aus welchen Gründen auch immer (Kontrolle, Untersuchungen, Notfall, Akutsituationen oder oder oder) gerade wieder bei einem Arzt oder in einer Klinik. Und dann eine Krankheit nicht den Alltag beherrschen lassen ist fast unmöglich. Dazu kommt Redebedarf. In der eigenen Familie will man das Thema nicht erörtern, denn die Familie hat bereits genug mit einem zu tun und weiss eh alles. Freunde möchte man kaum belästigen, auch wenn sie von sich aus gewisse Themen anschneiden und auch Freunde aus dem Betroffenenkreis möchte man nicht unnötig nerven, denn sie wissen, was mit einem geschieht und ihnen geht es nicht besser. Was bleibt noch? Nichts! Psychotherapie in Form von Gesprächstherapie hilft nämlich auch nicht, denn a. kann man nicht dann über die Themen sprechen, wenn man das Bedürfnis danach hat, sondern nur nach Terminplan, und b. Ist man bei einer solchen Therapie nicht, um Monologe zu halten, sondern wird gezielt gelenkt, um Probleme zu erkennen und daran zu arbeiten, worum es aber im Prinzip nicht geht.
Man ist also alleine. Einsam mit seinen Gedanken.
Es geht nicht darum, dass man nicht genug Menschen um sich herum hat, die einem zuhören könnten, es geht darum, dass man mit ihnen nicht 24 Stunden am Tag darüber sprechen will und kann. Zu behaupten, dass man permanent an seine Krankheit denkt, ist auch nicht richtig, denn logisch betrachtet, schläft man 5 bis 8 Stunden, sieht Filme, liest, hat Verpflichtungen, die einen ablenken, Hobbies.
Es bleibt im Prinzip nur ein kurzer Zeitraum jeden Tag, an dem man sich bewusst mit sich und seiner Erkrankung auseinander setzt.
Was soll man tun, wenn man in dieser Zeit niemanden hat, mit dem man darüber sprechen kann?
Ich spreche hier kaum über mich, wie gesagt, ich habe Menschen um mich herum, mit denen ich darüber sprechen kann. Aber ein solches Glück hat nicht jeder Betroffene. Es gibt auch diejenigen, die still und heimlich vereinsamen, weil sie niemanden haben, mit dem sie sich austauschen können oder aber zumindest niemanden, der versteht, was sie durch machen.
Für solche Menschen versuche ich da zu sein. Ein Netzwerk ins Leben zu rufen, damit auch sie spüren, dass sie nicht alleine sind. Auf Facebook gründete ich daher eine geschlossene Gruppe für Betroffene, ihre Familie, Freunde, aber auch Experten (Ärzte und Therapeuten), die gemeinsam über alltägliches sprechen möchten. Und ich hätte nicht gedacht, dass doch so viel Interesse da ist. Wir mehren uns. Finden gemeinsam zueinander. Sammeln Informatives, aber geben genauso auch Rat, hören zu und sind alle füreinander da.
Ich würde mir aber bei rund 500 Betroffenen Behcet-Patienten allein in Deutschland und einer Vielzahl an Experten, die mit uns zu tun haben, eine grössere Resonanz wünschen. Nur wie, abgesehen von einer Vereinsgründung, sondern rein was das WWW und regelmäßige deutschsprachige Treffen betrifft, kann man diese Resonanz erreichen?
Zur Gruppe geht es über diesen Link:
https://www.facebook.com/groups/1475096209479013/
Wir heissen dort Willkommen, wer echtes Interesse am Austausch über die Erkrankung Morbus Behcet hat oder unseren Alltag als Betroffene kennen lernen möchte. Wir sind in der Gruppe auf persönliche - DU - Anrede aus, wer ein Sie bevorzugt, sollte dies in seiner Vorstellung, kein Muss, aber doch sehr nett, um zu erfahren, wer in der Gruppe unterwegs ist, darauf aufmerksam machen.
Ich für meinen Teil habe auch kein Problem damit, wenn ich meine Ärzte dort wieder finde. Immerhin schreibe ich auch offen auf meinem Blog, dokumentiere ohnehin alles für meine Akten und finde es vollkommen ok, wenn meine Ärzte mit bekommen, dass auch wenn ich meist nicht danach aussehe und immer fein lächle, es eben oft anders ist, als es scheint und viele Dinge bleiben auch oft unausgesprochen, wenn ich bei ihnen sitze, da es dann eh meist nur um reine Symptome geht und weniger darum, worüber ich mir Gedanken mache, welche Ängste ich zum Teil durchlebe und wie ich das im Alltag hin bekomme. Ich kann nicht für andere sprechen, weiss aber von den meisten in unserer kleinen Gruppe, dass sie genauso darüber denken.
Ich versuche anhand von Literatur, aber auch Eigenerfahrung, meinen Mitbetroffenen mit Rat zur Seite zu stehen, aber im Gegensatz zu erfahrenen und studierten Ärzten kann ich natürlich nicht wirklich viel leisten und manchmal ist es sicherlich gut, wenn dann ein Arzt dort ist, der vielleicht auch mit einem guten, vielleicht auch mal persönlichen Rat helfen kann. Ausserdem ist es für unsere Ärzte evt. einfacher die Erkrankung zu verstehen zu lernen, wenn sie mit uns Betroffenen gemeinsam darüber sprechen.
Ich denke es ist ein gegenseitiger Lernprozess, aber auch sehr wichtig, wenn wir auf uns aufmerksam machen, damit Betroffene oder Angehörige von Betroffenen nicht alleine mit ihren Ängsten und Problemen sind.
Jeder kann helfen, auf uns aufmerksam zu machen. Teilt meinen Blogbeitrag in sozialen Netzwerken, den Link zur Gruppe oder sprecht mit Freunden / Bekannten und Experten über uns. Verbreitung ist wichtig und hilft.
Ihr seit nicht alleine! Gemeinsam können wir Verstehen lernen, uns austauschen und ein besseres Verständnis entwickeln. Und wir bekämpfen damit die völlige Vereinsamung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen