Donnerstag, 2. Juni 2016

Fragen, die ich mir stelle

Im Moment frage ich mich, was ist schlimmer?

Selber mit seiner Erkrankung zu hadern, besser damit immernoch nicht zu wissen, was man nun eigentlich hat und wie es weiter geht, oder zu sehen, wie Mitbetroffene /Reisebegleiter unter ihren Symptomen leiden?
Und noch mehr frage ich mich, wie halten andere es mit mir und meinen Problemen nur aus?
Jetzt mal ehrlich und ohne Witz!
Ich selber komme, nicht immer, aber meistens, relativ gut klar mit mir. Ok. Es gibt Tage, da frage auch ich mich, warum? Hab ich nicht schon genug Probleme gehabt in der Vergangenheit?
Aber meistens sage ich mir dann, es ist wie es ist, ich kann es nicht ändern, aber lernen damit zu leben.
Wenn ich dann aber andere Leidende sehe, dann denke ich, da muss doch was getan werden...
Ich bin, auch wenn es einige Leute gab und sicherlich noch gibt, die behaupten, ich sei gefühlskalt, nicht emotionslos. Ich empfinde auch Gefühle. Ich kann sie nur nicht so äussern, wie es gesellschaftlich der Norm entspricht. Das ist schwierig zu erklären.
Ich weine äusserst selten (4 Mal in 11 Jahren). Das ist einfach so. Ich bin eigentlich kein Mensch von Traurigkeit. Ich habe Mitleid mit anderen, weiss aber nicht, was ich tun soll, wenn sie leiden und selbst wenn ich es weiss, kostet es mich sehr viel Überwindung, auszuführen, was erwartet wird.
Ich habe andere Wege gefunden meine Gefühle zu zeigen. Mein Mann und Britta würden nun sagen, es sind diese gewissen Kleinigkeiten, die zählen.
So ist es bei meinem Mann so, dass ich ihm meist, im Moment leider weniger, weils unglaublich anstrengend für mich ist, Kaffee schon hinstelle, so dass er direkt nach dem Aufstehen in Ruhe wach werden kann. Wenn ich einkaufen gehe, bringe ich ihm Sachen mit, von denen ich weiss, er isst sie gerne, ohne, dass er mir erst mitteilen muss, dass er etwas haben möchte. Ich lasse ihn morgens ausschlafen, kümmere mich um die Kinder und Schule und lasse ihm seine Zeit. Ich weiss, dass er dies braucht.
Bei Britta handhabe ich es ähnlich. Wenn ich unterwegs bin und etwas sticht mir ins Auge, von dem ich weiss, dass sie es mag, dann kommt es vor, dass ich etwas mit nehme. Oder ich nähe für sie etwas. Oder wie aktuell, ich häkel eine Mütze. Für mich sind solche Tätigkeiten anstrengend und schmerzhaft, aber ich halte damit meine Finger in Bewegung. Sie weiss das und unterstützt es, so war die Mütze ihr Material, ihre Idee. Sie sollte Ergotherapeutin werden. :-)
Mir ist es eine Freude solche Dinge zu tun. Ich weiss, ich mache anderen damit eine Freude und irgendwie erfüllen solche Aufgaben auch einen therapeutischen Sinn. Denn wie sagt man: "Wer rastet, der rostet."
Meine Familie und Freunde wissen es zu schätzen. Auch so gibt es hier und da Dinge, die ich mache, um meine Wertschätzung, gar Liebe, zu zeigen. Seien es viele kurze bis lange Spaziergänge immer alleine mit einem meiner Kinder, Kaffee trinken gehen mit meinen Freundinnen, obwohl man theoretisch auch daheim Kaffee trinken kann oder dass ich einfach mal Beiträge, Emails, Nachrichten versende, in denen ich meinen Mitmenschen Danke. Danke für die Zeit, die sie mit mir verbringen, die Hilfen, die sie leisten.
Und wenn jemanden nach Reden zu Mute ist, er einfach einen Zuhörer benötigt, habe ich stets ein offenes Ohr. Da sollte sich niemand vor scheuen. Manchmal kann ein Gespräch mit mir eine Hilfe sein. Und als ich in BB war, wurde mir sogar gesagt, dass ich eine Hilfe war, weil ich zugehört habe und manchmal auch einfach hilfreich etwas beitragen konnte. Ich sage oft, ich bin gerne Kummertante, wenn jemand einfach mal Ballast los werden möchte oder einen Rat benötigt.
Ich stelle es mir sehr schwierig vor mit jemandem wie mir konfrontiert zu sein. Meine Freunde und Familie kennen mich nicht anders, die Situation nicht anders und wir sind aufeinander eingespielt.
Doch wie muss das für meine Ärzte sein?
Ich frage mich, wie sie mit mir klar kommen?
Haben sie es einfach mit mir? Oder eher schwer? Sammel ich zuviel (Halb-)Wissen in ihren Augen?
Es heisst, man soll sich mit seinen Erkrankungen auseinander setzen, damit man weiss, was man hat, was mit einem geschieht und mögliche Anzeichen für "Schübe" erkennt. Doch wie soll man das, wenn man gar nicht genau weiss, was man hat?
Ich lese viel. Ich interessiere mich sehr für Medizin. Und so lese ich dann auch lieber Fachpublikationen, Fachbücher und Artikel, anstelle von oberflächlichen Foren oder Wikibasierten Einträgen im Internet. Und weil mich mehr interessiert, als nur das, was ich selber habe, lese ich also auch das drum herum. Ich habe also schon ein gewisses Wissen und wenn ich dann beim Arzt sitze, kann ich mit Fragen wie, wie fühlen sich die Schmerzen an, die sie haben, beschreibe  sie mal kindlich, kaum wirklich etwas anfangen. Ich sage dann frei heraus z.B. ich habe  hämmernde oder stechende Kopfschmerzen an der und der Stelle meines Kopfes, untypisch für diese oder jene meiner Erkrankungen, sprich es ist NEU für mich und ich selber kann es nicht zuordnen.
Mein Augenarzt hat den Dreh bei mir raus.
Einmal kam ich mit extremer Übelkeit, kurz vor dem Erbrechen in seine Praxis. Ich erklärte ihm, dass ich Kopfschmerzen habe, sie würden für meine Migräne aber untypisch sein, sondern säßen über und hinter den Augen und ich gehe davon aus, dass mein Augendruck verrückt spiele. Er prüfte ihn und gab mir Recht.
Überhaupt ist es so, dass ich bei einigen meiner Ärzte, vorallem, wenn sie mich schon länger behandeln, den Eindruck gewinne, dass sie merken, dass ich nicht "unwissend" bin. Ist das ein Problem für diese oder eher erleichternd, weil ich dadurch nicht so viel Zeit beanspruche, weil ich dann sehr viel weniger "Aufklärungsbedarf" habe?
Interessant finde ich das schon. Die Meinungen gehen hier nämlich auseinander. Unter Ärzten meine ich. Die einen bevorzugen wissende Patienten, die sich mit sich und ihren Krankheiten auskennen, andere wiederum verteufeln solche Patienten, zum Teil, weil es sicher auch bei wissenden Patienten solche und solche gibt. Die einen Patienten beschäftigen sind wirklich nur wissend, andere dagegen meinen mehr zu wissen als ihre Ärzte oder sich Dinge einzubilden, die der Arzt an ihnen dann nicht fest stellt. Wo wir dann teilweise wieder beim Thema Mobbing /Defarmierung der Ärzte wären.
Letztlich ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient hier sehr wichtig. Denn eine Bindung zwischen beiden muss erst zustande kommen und das geht nur, wenn sie sich grün sind und sich aufeinander einlassen können und wollen.
Bei neuen Ärzten, ist das bei mir schwierig . Sie müssen sich erst einmal auf mich einstellen und umgekehrt ich mich auf sie. Und wenn da das Wort Autismus im Raum steht, ist da eine Komplikation, die für beide Pateien schwierig ist.

Insgesamt gibt es viele Gedanken, die mich beschäftigen. Gedanken, über Beziehungen, sei es Familiär, Freundschaftlich, aber auch im Arzt-Patienten-Verhältnis.

Aber darüber hinaus frage ich mich immer wieder, wie kann ich meinen Mitleidenden eine Hilfe sein?
Ich kann ihnen zuhören, aufbauende Worte von mir geben, aber hilft ihnen das auch wirklich?

Fragen über Fragen. Und eine unglaubliche Angst davor, selber angebotene Hilfen anzunehmen.

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