Mittwoch, 22. Mai 2019

Was ist Behcet eigentlich

Vor kurzem war es wieder soweit. Als Behcet Patient ist man sein eigener Experte und muss anderen erklären, wo es hapert. Naja all zu oft ist es dann auch wichtig anderen erklären zu können, was das eigentlich ist Morbus Adamantiades Behcet. Fachlich ist es halt eine Kleingefässvaskulitis mit diversen Symptomen, die im Prinzip alle Organe betreffen können. Gut, aber wer bitte versteht das?
Ärzte sicherlich. Aber jeder Therapeut? Ich denke nicht. Denn wenn dich, dann wäre es nicht an mir, es zu erklären. Ich denke, da immer mehr Therapeuten damit konfrontiert werden, mit Patienten wie uns, sollte man allgemein gesehen eine Erklärung auf die Beine stellen, die verständlich ist, aber auch schnell erklärbar, vorallem, wenn man neu ist.

Bei meinem Physiotherapeuten klappt dies ansich ganz gut. Allerdings kennen wir uns nun schon eine zeitlang, wodurch man eben vieles spricht.

Am besten ist es eben so zu erklären. Behcet ist eine systemische Erkrankung bei der im Prinzip die Blutbahnen entzündet sind, und deren Hauptwirkbereich die Geschwüre sind, die sich an jeglichen Schleimhäuten bilden, vorzugsweise im Mund und im Intimbereich. Da der gesamte menschliche Körper 99% von Schleimhäuten bedeckt ist, kann dies aber eben auch überall der Fall sein, also auch in den Organen.
Die Erkrankung zu diagnostizieren ist schwer, weil einige Symptome auch auf andere Erkrankungen passen und andere auch harmlos sind.

Man kann also die Erkrankung auch in Schweregrade einteilen

SG Leicht bedeutet Geschwüre im Mund und / oder Genital , Leichte Augenentzündungen ohne Sehschadenfolge und evt. Muskel- und Gelenkschmerzen ohne Schädigungen sowie geringe Hautprobleme - >
Hier wird meist symptomatisch mit Cremes, Salben, Tropfen, Gelen zum Betäuben behandelt und gegen Schmerzen nimmt man halt ab und an mal Schmerzmittel, wenn überhaupt.

SG Mittel bedeutet Geschwüre, häufigere Augenentzündungen mit Ggbfls. Folgeschäden, Schmerzen mit evt. Dauereinschränkungen, mehr Hauptproblem - >
Häufig werden nun bereits Cortisontabletten eingesetzt zusätzlich zu oben erwähnten Salben etc. Da Cortison auf Dauer natürlich nicht gut ist, kommt auch schon mal Colchizin zum Einsatz, gerade was die Aphten betrifft. Einige wenige gehen dann auch bereits zu Schmerz-, Physio- oder Ergotherapeuten, da die Leistungsfähigkeit schon beginnt abzufallen, was zu beruflichen Problemen führt.

SG Stark bedeutet das auch diverse Organe beteiligt sind. Das ist von Patient zu Patient unterschiedlich, bedeutet aber meist, dass gegen Neben- und Folgeerkrankungen gekämpft werden muss, die im Laufe der Zeit dazu gekommen sind. Schmerzen und weitere Symptome sind Dauerzustand und eine berufliche Tätigkeit nur selten noch ausführbar und wenn dann eingeschränkt. Häufige Arzt und KliniK besuche sind die Regel. Hier muss man tatsächlich dann schauen, dass der Patient bereits mehr oder weniger individuell je nach Krankheitsaktivität behandelt werden muss.
->in dem Fall kommen meist schon Imunsystemunterdrückende Medikamente zum Einsatz und die Patienten benötigen enge Betreuung durch Ärzte aber auch Therapeuten.

SG Extrem
Sie sind selten, aber ja es gibt sie. Im Laufe der Zeit haben sie viele Erkrankungen entwickelt, kämpfen mit Organschädigungen wie Blindheit, Taubheit, Herzinfakten und Lungenembolien bis hin zu Schlaganfall und weiteres. Diese Patienten kämpfen um ihr Leben sofern sie eine Chance haben. Sie bekommen viele Medikamente oder Medikamente, die mehr oder weniger gerade noch erforscht werden. Oft sind sie mehr im Krankenhaus als zu Hause. Nicht selten ist die Todesrate unter diesen Patienten. Allerdings muss man hier auch berücksichtigen, wo diese Patienten leben. In Ländern mit einem gutem Sozialsystem ist die Sterblichkeitsrate niedrig, in anderen Länder dagegen hoch. Man sagt im Durchschnitt sterben diese Patienten innerhalb von 5 Jahren an den Folge- und Nebenerkrankungen.

Ich selber befinde mich irgendwo zwischen SG Mittel und Stark. Ich werde mit Imunsuppression behandelt und mit täglichen Schmerzmitteln, Vitaminpräparaten und Cortsoncremes. Ich kämpfe um Lebensqualität, kämpfen deshalb, weil ich zum Beispiel Schmerz ertrage, um Schmerz zu bekämpfen, indem ich mich dazu zwinge zum von Physiotherapeuten betreuten Sport zu gehen und nicht aufzugeben, selbst wenn es wirklich schlimm weh tut oder mich sehr anstrengt oder ich das Gefühl habe an dem Tag einfach nicht zu können. Dazu gehe ich zum Physiotherapeuten und lasse mir mit Übungen, die ich auch daheim ausführe, und manuellen Techniken und Wärme helfen. Nach der Physiotherapie bin ich meist total fertig und mag nichts mehr machen, aber ich spüre zumindest zeitweise eine gewisse Besserung, ehe es wieder schlechter wird. Zusätzlich bekomme ich Tipps und erfahre genaueres darüber, was in meinem Körper vor sich geht. Zum Beispiel, ob bestimmte Muskeln ungewöhnlich verhärtet sind oder auch das Bindegewebe, woran ich erkenne, ob ein Nerv gereizt oder entzündet ist oder aber "nur" irgendwo eingeklemmt. Alles Informationen, die ich dann zum Beispiel an meinen Neurologen weiter geben kann, so dass auch seine Diagnostik genauer abläuft. Bei mir ist der Stand der, dass ich mittlerweile beim Sehen, Hören, Gehen, Greifen, eingeschränkt bin. Meine Nieren, mein Magen, der Dünndarm, Blase sind angegriffen, die Gebärmutter entfernt, die Nerven in den Armen lassen in ihrer Tätigkeit nach, wobei jetzt geschaut werden muss, ob neue Läsionen im Kopf dazu gekommen sind oder nicht als Auslöser, oder dies erst innerhalb der Arme statt findet, meine Muskulatur ist permanent verhärtet, sticht ständig, drückt oder zieht und wenn das mal nicht der Fall ist zuckt sie zum Spass herum. Das Bindegewebe verhärtet sich auch hier und da. Ständig wiederholende Harnwegsinfekte und vieles mehr lässt mich nicht in Ruhe.
In den letzten Monaten nahm ich Ciclosporin ein und hatte den Eindruck, dass es mir von den Armnerven und der Muskulatur abgesehen, besser ging. Aber es fällt auf, dass mein Urin nicht einmal in der Zeit in Ordnung war. Nun hatte ich eine Woche Pause vom Ciclosporin, da ich mal wieder eine Antibiose machen musste, und siehe da - Kopfschmerzen, Augenschmerzen, Augenbrennen, Hautausschlag, mehr Gelenkschmerzen, ein sich wieder stärker versteifender Nacken, Lichtscheu und starker Juckreiz der Haut, Magenschmerzen und Übelkeit sind wieder komplett da gewesen.

Man sieht als Außenstehender den Unterschied, ob ich das Ciclosporin einnehme oder nicht.
Natürlich bin ich nun froh, dass ich am Montag die Einnahme wieder starten konnte/durfte. Ich hoffe sehr, dass sich alles wieder beruhigt.

Einzig meine neurologischen Probleme machen mir zur Zeit wirklich Sorgen. Und ein für mich neuer auffälliger Blutwerte, denen ich kommende Woche bei meinem Kontrolltermin abklären muss.

Eine Freundin schrieb mir kürzlich, dass sie so froh ist, von mir zu hören, dass ich den Weg zur Klinik schaffe, da sie lange dabei war und mitbekommen hat, wie schlecht es mir ging und dass ich solche Wege lange Zeit nicht mehr schaffte. Ja ich gebe ihr recht. Seit dem ich regelmäßig zur Physiotherapie gehe und dieses Medikament nehme, geht es mir in mancher Hinsicht auffallend besser. Leider aber nicht dauerhaft, ich lebe von Tag zu Tag und schaue jeden Tag neu, wie es geht, was ich machen kann und was nicht geht. Ich hinterfragen derzeit viel, was meine Körperhaltung betrifft, da diese sicherlich auch dazu beiträgt, dass es mir manchmal schlechter geht und versuche bewusst darüber nachzudenken, was für mich Ertragbar ist und was nicht, damit mein Physiotherapeut und ich stets an dem arbeiten, was gerade am "schlimmsten" für mich ist.

Behcet krank zu sein ist also sehr schwer zu beschreiben. Jeder Patient ist irgendwie anders, jeder hat seinen eigenen Schwerpunkt, mit der er kämpft. Es gibt gemeinsame Leiden, die jeder unterschiedlich wahrnimmt, aber jeder hat auch noch seine individuellen Probleme, von denen die einen behandelt und die anderen ertragen werden.
Die Erkrankung gehört zu den entzündlichen Krankheiten, die als Rheumatischer Formenkreis bekannt sind.

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