Wieder ist eine Woche vergangen. Letzte Woche Samstag wurde ich mit gebessertem Hautzustand aus der Klinik entlassen. Ich berichtete bereits darüber. Ich sehe human aus, aber innerlich fühle ich mich nur noch kaputt.
Wieviel Leidensdruck muss man als Patient haben, bis auch Fachleute sagen, dass etwas unternommen werden muss?
Ich würde sagen, soviel wie ich habe?
Zumindest scheinen sich die Reaktionen und Worte meiner Ärzte, bzw. generell der Ärzte, nun mittlerweile langsam zu ändern.
Noch vor kurzem hiess es von den meisten, nicht allen, dass sie noch nicht einmal genug Gründe finden, die dafür sprechen, eine neue Basistherapie zu starten.
Jetzt allerdings habe ich zum Teil von den gleichen Ärzten die Worte zu hören bekommen, dass dringendst wieder eine daher kommen muss. Vorallem bei dem, was bisher "meine Vorgeschichte" her gibt, in Verbindung mit den letzten doch heftigeren Schüben. Und wie ich bereits andeutete, hat es mich letztlich doch wieder erwischt.
Am Freitag war schon mein Urin nicht mehr in Ordnung und wie besprochen ging ich also Montag morgen direkt zu meinen Hausärzten. Es wurde, ohne dass ich darum bitten musste, Blut abgenommen und schon am Dienstag wusste ich dann definitiv, dass diese mal wieder auffällig ausfielen. Meine Hausärztin gab mir direkt Antibiotika mit, sobald Fieber oder arge Schmerzen im Bauch auftreten sollten, soll ich wieder mit einer Antibiose starten. Sie sagte aber auch, dass sich etwas ändern muss, denn mit der Antibiose sollte man bei mir auch vorsichtig umgehen, diese nicht all zu häufig nutzen, immerhin seit Februar ist sie fast zum Standardmedikament geworden. Und sie dient im Grunde nur der Vermeidung einer Sepsis im Schub. Dazu jedes Mal Unmengen an Ibuprofen gegen Fieber und minimalst gegen Schmerzen.
Da meine Schübe zuletzt alle 3 Wochen auftauchten und die Antibiose jedes Mal um die 10 Tage dauert, kann man sich also denken, dass ich mindestens die Hälfte jeden Monats nur damit beschäftigt bin irgendwelche Tabletten zu schlucken, die zwar helfen, unbeschadet den Schub zu überstehen, nicht aber die heftiger werdenden Schübe zu verhindern. Ob es Behcettypische Schübe sind könnte ich hierbei noch nicht einmal sagen, denn merkwürdigerweise hatte ich nur bei einem der letzten 3 Schübe auch Aphten. Vielmehr zeigen sich die letzten Schübe eher Innenbezogen zu zeigen. Vorher zeigten sie sich fieberfrei, aber eher mit Hautulzerationen und Aphten und eben meinen typischen Gelenksschmerzen. Organbeteiligung bei Behcet ist soweit ich weiss aber eher selten. Das Groß der Behcetpatienten hat viel schlimmere Uveitisprobleme und Thrombosen sowie das berühmte Erythema Nodosum als Hauptsymptom der Erkrankung. Danach gehend sind meine Augenprobleme eher vom Glaukom her für mich dramatischer und dazu eben die Probleme, die ich mit den Schleimhäuten habe bzw. Auch mit den Nieren. Von meinen Schmerzen, die innerhalb eines Schubes schon extrem für mich sind, ganz zu schweigen. Mittlerweile wird die Liste an Diagnosen immer länger und selbst mein Zahnarzt und seine Helferinnen, wo ich so ganz nebenbei auch wieder in Behandlung bin, schüttelten nur noch den Kopf, als sie die Liste auf dem aktuellen Gesundheitsfragebogen gelesen haben.
Ich glaube die Worte, die ich mittlerweile von überall am meisten höre, sind 2 Sätze, die mir nur noch aus den Ohren klingeln.
Da wäre der eine: "Es ist kompliziert." Diesen habt ihr ja auch schon öfter von mir gelesen. Der andere lautet mittlerweile :"Was Medikamente betrifft, sind wir bei Ihnen sehr zurückhaltend."
Worte, die ich verstehe, aber nicht mehr hören will, denn so wie es läuft, kann es nicht bleiben. Mittlerweile denke ich sogar daran mir einen Schwerbehindertenausweis und eine Pflegestufe zu beantragen! Denn ohne ärztliche Hilfe, aber auch die Hilfe meines Mannes und meiner Freunde, bekomme ich nichts mehr richtig auf die Reihe.
Ich versuche weiterhin jeden Tag raus zu gehen, mich zu bewegen, aber jeder Schritt ist eine wahre Anstrengung und schon nach kurzen Strecken brauche ich eine Sitzpause, die ich am liebsten gar nicht beenden will. Wenn ich einkaufen gehe, muss ich viel öfter los, weil ich kaum etwas tragen kann. Wenn ich dusche, muss mein Mann oder eins meiner Kinder mir helfen beim Rücken und gelegentlich Haare waschen.
Wenn ich Abwasche muss ich zwischendurch pausieren, weil es mir zuviel ist so lange zu stehen. Nach Aussen reisse ich mich arg zusammen, möchte nicht, dass es jeder mitbekommt. In der Klinik lehne ich das Gross an Hilfe, die mir tatsächlich angeboten wird, ab. Und selbst Schmerzmittel versuche ich, auch wenn das nicht richtig ist, so lange nicht zu nehmen, wie es mir möglich ist. Gedanklich wäre mir Schmerzfreiheit natürlich lieber, aber ich denke da eher prakmatisch. Je mehr Schmerzmittel ich nehme, desto eher verlieren sie ihre Wirkung, desto eher habe ich absolut gar keine Ruhe mehr. Bei Ibuprofen ist es mittlerweile schon so, dass mir in der Klinik zwar gesagt wird, ich könnte jederzeit welches bekommen, aber wenn ich es dann brauche, bekomme ich 400mg, die mir nichts bringen, da ich Ibuprofen schon seit meinem 16. Lebensjahr so oft nehme, dass es frühestens bei 800mg Wirkung zeigt. Bei meinen Migräneattaken sogar erst ab 1200mg. Und damit erreiche ich noch nicht einmal Schmerzfreiheit, es wird nur besser, für kurze Zeit.
Nur bin ich es leid, dies immer und immer wieder neu zu erklären und so bleibt es eben dabei, dass ich mittels Kühlpacks, Wärmekissen und dem Versuch auch Tags den Schmerz einfach mal ein paar Stunden zu "verschlafen", sofern dies dann noch möglich ist.
Es ist ein Teufelskreislauf.
Und oft ist es der Autismus, der mich davon abhält, um Hilfe zu bitten.
Die meiste Zeit habe ich dann Britta an meiner Seite und sie kümmert sich dann darum. Das ist eine enorme Erleichterung für mich. Aber im Prinzip muss ich das selber schaffen und das ist dann wieder ein Dilemma für mich, weil ich meinen Mund nicht aufbekomme. Es heisst dann immer, wenn man Fragen hat oder dergleichen geht das auch, dass man sich diese dann notiert und so dann eben alles abgedeckt wird, aber abgesehen von Emails an meine Ärzte, die ich dann vorab schicke, damit die Fragen dann bei meinem Termin geklärt werden können, was super funktioniert, kann ich dies aber schlecht bis gar nicht in einer Klinik anwenden. Zum einen hat man es dort immer wieder mit unterschiedlichen schichtbedingten Ärzten und Schwestern sowie Pflegern zu tun, zum anderen wird erwartet, dass man sich an das Personal wendet, wenn Fragen entstehen und das nach Möglichkeit nicht während der Visite, bei der alle unter Zeitdruck stehen. Und selbst, wenn während der Visite seitens der Ärzte selbst Fragen gestellt werden, so bleibt mir dann eher die Stimme weg bzw. Ich habe regelrecht Angst davor darüber zu sprechen, weil mir dann meist nicht nur 1! Arzt gegenüber steht, sondern dann gleich 2 und mehr, plus Pflegepersonal, Studenten etc pp. Und da überwiegt dann auch wieder das Wort Autismus. MIR IST DAS ZUVIEL! Zumindest, wenn es um wichtige Fragen bzw. Gespräche geht. Für Untersuchungen stört es mich nicht all zu sehr. Immerhin sehen mehr Augen auch mehr als 2.
Im Prinzip sind mir meine "persönlichen, ambulanten" Ärzte am Liebsten. Sie kennen mich soweit es für einen Arzt eben möglich ist seinen Patienten zu kennen. Meine Ärzte müssen nicht erst während eines Gesprächs oder einer Untersuchung, nebenbei Akten wälzen, um meine Vorgeschichte zu erfahren und eine genaue Abschätzung geben zu können, was getan werden muss, um mir zu helfen. Meine Ärzte könne relativ gut einschätzen, wie es mir zum Zeitpunkt meines Aufkreuzens geht. Sie wissen, dass ich mich selber über alles informiere, aber zu 100% genau das mache, was sie aus medizinischer Sicht empfehlen, ohne es in Frage zu stellen. Ich erwarte sogar, dass meine Ärzte wissen, was sie sagen und tun, immerhin haben sie Medizin studiert, haben je nach Alter auch gewichtige Erfahrungen auf ihrem Gebiet, einen gewissen Ruf, alles Dinge, die man nicht bei Dr. Google oder in Fahbüchern bekommt, wo nur über theoretische Fakten zu lesen ist oder oft lückenhafte Erfahrungen von Patienten oder Angehörigen.
Nicht umsonst heisst es "Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnis". Ob man hier nun Gesiezt oder Geduzt wird, spielt für mich keine Rolle. Von meinem Arzt erwarte ich keine faktische, nachlesbare Aufklärung, sondern eine Erfahrungsgemäße, Menschliche Aufklärung. Und zumindest bei meinen Stammärzten erfahre ich diese und genau das ist wichtig für mich, denn wenn ich mich selbst behandeln könnte, nur indem ich alles nachlese und meine Ärzte nur herunter leiern würden, was ich auch selbst erlesen habe, würde ich mich fragen, wozu ich abgesehen von Diagnostiken überhaupt hin gehen müsste. So ist das nun mal im Zeitalter der medialen Verbreitung von Wissen.
Glücklicherweise habe ich die für mich persönlich richtigen Ärzte. Sie schätzen die Situation richtig ein und behandeln mich ihren Erfahrungen nach und durch das sehr gute Vertrauensverhältnis sowie die Möglichkeit offene Fragen schriftlich zu stellen, schaffe ich es auch, unbegleitet Termine wahr zu nehmen, ohne Angst davor, dass ich nicht ernst genommen werde oder mich nach dem Termin schlechter zu fühlen als vor dem Termin, weil Dinge unausgeprochen geblieben sind oder ich mich absolut nicht ernst genommen gefühlt habe.
Stationär habe ich leider die Erfahrung gesammelt, dass der eine Arzt oft nicht weiss, was der andere Arzt mit einem besprochen hat. Informationen vom Patienten nicht korrekt oder gar nicht weiter gegeben werden, die Aussagen vom einen Arzt nicht mit denen eines anderen Arztes übereinstimmen, Therapieempfehlungen, um die man gebeten hatte, nicht umgesetzt werden, weil man ja erst persönlich gewisse Symptome sehen will, statt den Stammärzten des Patienten zu vertrauen und vieles mehr.
Natürlich will die Klinik die eigenen Ärzte als "Gutachter" bevorzugt einbinden, um die korrekte Therapie einleiten zu können, aber wenn der Patient bereits eine Menge Diagnosen hat, die bereits behandelt werden, der Patient diese Diagnosen schon Jahre hat und eben behandeln lässt, sollte man auch den Vorbefunden vertrauen können, da diese eben auch eine Tendenz zeigen. Eigene Ärzte für eine 2. Meinung bezüglich Therapieeinstellung hinzuzuziehen ist natürlich nicht falsch. Wenn daraus aber dann die Meinung entsteht, man glaube nicht wirklich, was die Vordiagnosen her geben, und dann keine Therapie daraus entsteht, ist das nicht im Sinne des Patienten, der leidet.
Im Prinzip sind wir also wieder bei der Frage, wieviel Leidensdruck erst entstehen muss, damit doch mal gehandelt wird. Erst kürzlich habe ich wieder einmal erleben müssen, wie das so ist. Ich wurde von anderen darauf angesprochen, dass es nicht sein kann, dass diese mit ihren Gesundheitsproblemen, die sehr viel weniger Leid hervor rufen, auch sehr viel unkomplizierter sind, sofort vernünftige Medikamente bekommen, ja auch imunsuppressive, die dieser Patient eigentlich eher ablehnt, weil er sich so schlecht nicht fühlt, während ich gesundheitlich immer weiter bergab rutsche, aber kaum wirklich Hilfe bekomme, sondern nur von Klinik zu Klinik geschickt werde, um kurze Zeit evt. schnelle Abhilfe zu verschaffen, die dann 3 Wochen später wieder zunichte ist, so dass alles wieder von vorne beginnt und dann schlimmer als zuvor. Jeder sieht, dass es mir schlecht geht, aber gehandelt wird bisher nicht so wirklich.
So habe ich zum Beispiel jetzt in der Hautklinik die Diagnose bekommen, die ich schon seit Jahren von meinem Hautarzt habe, die seit Jahren mit Cortisoncreme und spezieller Sonnencreme behandelt wird, und seit Jahren trotzdem immer schlimmer wird. Vorallem seit diesem Jahr! Empfehlung? Keine UV Expositionen, Lsf-Creme mit entsprechendem UVA und UVB schutz, Dichtgewebte Kleidung im Hochsommer, Cortisoncreme im Akutstadium und ggbfls. "irgendwelche" Antihistaminika aus der Apotheke gegen den Juckreiz sowie nächstes Frühjahr der eventuelle Versuch einer Phototherapie! Das das aber nicht ausreicht, scheint nicht wirklich klar zu sein. Denn im Normalfall bin ich gut geschützt gekleidet, vermeide die Sonne, creme bereits mit der besten Sonnencreme (Empfehlung meines eigenen Hautarztes) ein, und habe diese Probleme eben auch im Winter, nur sehr viel milder ausgeprägt. Irgendwelche Antihistaminika nehme ich nicht, sondern nur ärztlich verordnete, um hier immer eine gewisse ärztliche Kontrolle inne zu haben bezüglich Wechselwirkungen, und sicherlich kann man nächstes jahr die PT probieren, aber dieses Jahr hilft mir dieses Jahr eben nicht mehr! Wenn sie denn wirken sollte. Im Prinzip muss ich halt dann jetzt sagen, abgesehen davon, dass man durch Tests etc. jetzt sicher sein kann oder will, mit der Pld-Diagnose, waren es für mich persönlich gesehen 7 Tage für die Katz, die nur eine Verzögerung meiner rheumatologischen Behandlung bewirkt haben, weil mal wieder alle nur auf dieses Ergebnis gewartet haben.
Ähnlich ist es auch immer mit dem Augenthema.
Seit 2013 habe ich des öftern eine Regenbogenhautentzündung, aber auch Bindehautentzündungen und Gerstenkörner gehabt, dazu musste des öftern meine Glaukomtherapie umgestellt werden, weil während meiner rheumatischen Schübe oft mein Augendruck furchtbar verrückt spielt und mein Siccasyndrom sich schlimmer auswirkt als sonst. Es muss also nicht immer eine Entzündung eben der Augen selbst vorliegen, dennoch machen sich die Schübe dort bemerkbar.
Mein Augenarzt weiß dies. Ich weiss es ebenfalls. Aber andere wollen unbedingt eine definitive Entzündung sehen, statt den Berichten meines Augenarztes zu glauben, in denen er geschrieben hat, dass er persönlich rezidivierende Iritis bei mir mit Cortisontropfen behandelt hat. Auch sollte man erneute Entzündungsschübe dort und so wurde es mir auch in Kiel in der Augenklinik gesagt, vermeiden, statt diese erst zu provozieren.
Neben dem Glaukom und Sicca-Syndrom habe ich mittlerweile eine Pigmentverschiebung aufgrund der Entzündungen in den Augen. Da stelle ich mir die Frage: "Muss ich erst erblindet sein, damit man glaubt, was Fachleute sagen und deren Therapieempfehlungen umsetzt? Denn wenn ich erst Sehnervschäden habe oder erblinde, weil nicht gehandelt wurde, brauche ich für meine Augen keine Therapie mehr. Blinder als Blind kann man nicht werden.
Ich bin mittlerweile verzweifelt. Ich weiss sehr wohl, dass es kompliziert ist, das man nicht leichtfertig mit Medikamenten sein soll. Dennoch sieht wohl kaum jemand, dass ich nicht mehr kann, da jeder nur auf einzelne, fachspezifische Symptome eingeht bzw. nur auf die Symptome, die gerade vordergründig sind.
Mittlerweile ist viel zusammen gekommen. Zu viel. Zu viel, um alles aufzulisten, denn dann wäre ich nie fertig. Zuviel für meinen Kopf, für meine Seele. Zu viel, um mir weiterhin anzuhören, dass man "sehr zurückhaltend" wäre.
Meine Hoffnung ist immer noch, dass sich bald etwas ändert. Hoffnung.... wie lange muss ich sie noch nutzen, um nicht wie andere in die berühmten "Depressionen" zu rutschen?
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